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Steuerrechtliche Buchführungspflichten nach § 140 AO
—  Der Kreis der Kaufleute  —

2.2 Der Kreis der Kaufleute

Nach § 238 Abs.1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches – HGB – sind alle Kaufleute, also unabhängig von ihrer Rechtsform, verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen ihre Handelsgeschäfte [Geschäftsvorfälle] nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung – GoB – aufzuzeichnen. Kaufleute in diesem Sinne können sein: Natürliche Personen, Gesamthandsgemeinschaften und juristische Personen des Privatrechts.

2.21 Der Einzelkaufmann – eK

Kaufmann (Einzelkaufmann) ist nach § 1 Abs. 1 HGB jeder Inhaber eines Gewerbebetriebes; es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert – § 1 Abs. 2 HGB.

Notwendige Bedingung ist also das Vorhandensein eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 1 Abs. 2 HGB. Was genau ein Gewerbebetrieb ist, ist im HGB nicht weiter definiert. Hilfsweise kann auf die Definition in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG zurückgegriffen werden: „Eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn sie weder Land- und Forstwirtschaft noch selbständige Arbeit noch Vermögensverwaltung ist”; vgl. auch Abschnitt 11 Abs.1 der Gewerbesteuer-Richtlinien – GewStR. Sämtliche Merkmale müssen gleichzeitig vorliegen.

Exkurs: Zu den einzelnen Merkmalen eines Gewerbebetriebs

Die Eintragung eines Istkaufmanns im Handelsregister ist nur deklaratorisch und nicht konstitutiv, da jeder Unternehmer, der ein Handelsgewerbe im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB betreibt, nach § 1 Abs. 1 HGB Kaufmann ist.

Gewerbliche Unternehmer, deren Unternehmen einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nach Art oder Umfang nicht erfordern (Kleingewerbetreibende), können beantragen, daß ihre Firma im Handelsregister eingetragen wird – Kannkaufmann im Sinne von § 2 HGB. Mit der Eintragung erlangen auch diese Unternehmer die Kaufmannseigenschaft.

2.22 Gesamthandsgemeinschaften
2.221 Personenhandelsgesellschaften – PHG
2.2211 Die Offene Handelsgesellschaft – OHG

Die Offene Handelsgesellschaft ist nach § 105 Abs. 2 HGB in Verbindung mit §§ 6 Abs.1, 1 Abs. 1 HGB (Form-) Kaufmann, wenn der Zweck der Gesellschaft auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist (Grundsatz). Beschränkt sich der Gesellschaftszweck dagegen allein auf die Verwaltung eigenen Vermögens (z. B. Grund- oder Kapitalvermögen) oder erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, so erlangt die Gesellschaft die Kaufmannseigenschaft erst durch die Eintragung im Handelsregister – § 105 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 6 Abs.1, 1 Abs. 2 HGB.

2.2212 Die Kommanditgesellschaft – KG

Die Kommanditgesellschaft ist nach § 161 Abs. 1 HGB in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 1 Abs. 1 HGB (Form-) Kaufmann, wenn der Zweck der Gesellschaft auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist – Grundsatz. Beschränkt sich der Gesellschaftszweck dagegen allein auf die Verwaltung eigenen Vermögens (z. B. Grund- oder Kapitalvermögen) oder erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, so erlangt die Gesellschaft die Kaufmannseigenschaft erst durch die Eintragung im Handelsregister – §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 1, 1 Abs. 2 HGB.

Hinsichtlich der Kaufmannseigenschaft entspricht die GmbH & Co. KG – als Sonderform der KG – im wesentlichen der Kommanditgesellschaft.

2.222 Sonstige Gesamthandsgemeinschaften

Auch andere Gesamthandsgemeinschaften können „als solche” Kaufleute sein; z. B. die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR – im Sinne von §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – oder die Erbengemeinschaft im Sinne von §§ 2032 ff. BGB, die gemeinschaftlich das Einzelunternehmen des Erblassers fortführt.

Exkurs: Stille Gesellschaft – Sonderfall

Die stille Gesellschaft ist eine besondere Form der Innengesellschaft, bei der nach außen hin allein der Kaufmann in Erscheinung tritt. Diese Gesellschaftsform ist zwar in den §§ 230 ff. HGB geregelt, dennoch ist sie keine Personenhandelsgesellschaft. Insbesondere geht die Einlage des stillen Gesellschafters in das alleinige Vermögen des Kaufmanns über, es wird also kein Gesamthandsvermögen gebildet; vgl. § 230 Abs. 1 HGB. Alleiniger Inhaber des Gewerbebetriebes bleibt der Kaufmann, der nach § 230 Abs. 2 HGB allein berechtigt und verpflichtet ist, also auch zur Buchführung. Die stille Gesellschaft als solche ist nie Kaufmann.

2.23 Juristische Personen des Privatrechts
2.231 Die Aktiengesellschaft – AG

Die Aktiengesellschaft gilt nach § 3 Abs. 1 des Aktiengesetzes – AktG – stets als Handelsgesellschaft, auch wenn der Unternehmensgegenstand nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Sie ist daher gemäß §§ 6 Abs. 1, 1 Abs. 1 HGB immer Kaufmann.

2.232 Die Kommanditgesellschaft auf Aktien – KGaA

Die Kommanditgesellschaft auf Aktien gilt stets als Handelsgesellschaft, auch wenn der Unternehmensgegenstand nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht; § 278 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 Abs.1 AktG. Sie ist daher gemäß §§ 6 Abs. 1, 1 Abs. 1 HGB immer Kaufmann.

2.233 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung – GmbH

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung gilt als Handelsgesellschaft; § 13 Abs. 3 GmbHG. Sie ist daher gemäß §§ 6 Abs. 1, 1 Abs. 1 HGB immer Kaufmann.

2.234 Die eingetragene Genossenschaft – eG

Die eingetragenen Genossenschaften sind zwar keine Handelsgesellschaften, da sie keinen Gewinn anstreben, sondern ihr Zweck auf die Förderung der Interessen ihrer Mitglieder gerichtet ist – fehlende Gewinnerzielungsabsicht. Sie gelten aber gemäß § 17 Abs. 2 des Genossenschaftsgesetzes [GenG] grundsätzlich als Kaufleute im Sinne des § 1 Abs. 1 HGB.

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